Neue Mitglieder 2022: Martin Winter (Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften)
Die Arbeitstage von Professor Dr. Martin Winter sind voll. Als wissenschaftlicher Leiter des MEET Batterieforschungszentrums der Universität Münster und leitender Direktor des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich hat er so viel zu tun, dass sich in seinem Kalender bis weit ins kommende Jahr kein freier Tag mehr findet. Auf dem Weg zu einem Termin im MEET bleibt er trotzdem bei einer Studentin stehen und erkundigt sich nach dem Stand ihres Projekts. Die Atmosphäre auf den Fluren ist entspannt. Die Kolleginnen und Kollegen duzen sich – auch den Chef.
Winter forscht zur Speicherung und Wandlung von Energie und steht in Münster einem großen Forschungsbereich vor, der unter anderem an der chemischen Zusammensetzung von Lithium-Ionen- und Lithium-Metall-Batterien arbeitet. Der Professor für Materialwissenschaften, Energie und Elektrochemie interessiert sich für das Innerste der Batterie, die Chemie in der Zelle.
„Wenn man Erfolg haben will, muss man die Initiative ergreifen.“
Er erforscht die Grundlagen einer der Schlüsseltechnologien unserer Zeit. Als führender Experte für Batterieforschung in Deutschland ist seine Arbeit daher mit aktuellen gesellschaftlichen Debatten verknüpft. Da seine Forschung unter anderem für die Entwicklung einer „grünen“ Mobilität relevant ist, beobachtet Winter die Entscheidungen der Politik genau. Zugleich ist er ihr Berater: Seit fast zehn Jahren ist er der Sprecher des wissenschaftlichen Beirats für Batterieforschung und spricht dem Bundesministerium für Bildung und Forschung Empfehlungen für die Batteriepolitik aus.
Seinen Forschungsergebnissen Aufmerksamkeit zu verschaffen, das sieht er als wichtigen Teil seiner Arbeit. „Wenn man Erfolg haben will, muss man die Initiative ergreifen, das habe ich gelernt“, sagt der 57-Jährige. Das sei ihm in den vergangenen Jahrzehnten mal mehr, mal weniger gelungen. Doch er wisse inzwischen: „Wenn die Leute das Gefühl haben, dass ich an mein Thema glaube und dafür brenne, dann kann ich meine Ideen unterbringen.“
Auch bei der Kommunikation innerhalb der Wissenschaft verlässt sich Winter auf seine ungebrochene Begeisterung für die Materie, die er gerne an Studierende weitergibt. Er schätzt es, dass so viele Doktorandinnen und Doktoranden in Münster arbeiten, viele von ihnen aus dem Ausland. Man kann sich gut vorstellen, wie er als unterhaltsamer Dozent die Details der chemischen Vorgänge in der Batterie anschaulich erklärt.
Den Spaß an seinen Themen hat Winter sich behalten. Dabei war der eigentliche Plan, als er in den 1980er Jahren sein Studium begann, die Lebensmittelchemie. Das erschien ihm als eine sichere Berufswahl – und finanzielle Sicherheit war wichtig, da er, wie er sagt, aus „einfachen Verhältnissen“ stammt. Allerdings merkte er schnell, dass die Lebensmittelchemie nichts für ihn war: zu viel Zeit vorm Mikroskop. Also schrieb er sich in der regulären Chemie ein und machte viele Praktika, um sich in der Wissenschaft zu orientieren. So landete er zu Beginn der 1990er Jahre in der Batterieforschung und ist bis heute dabeigeblieben.
Winter ist in Osnabrück geboren, hat in Münster studiert und ist wieder hierher zurückgekommen, nachdem er in der Schweiz und in Österreich geforscht hat. Im Ausland zu leben, und von den akademischen Kulturen anderer Länder zu lernen, sei eine große Bereicherung gewesen. An der Technischen Universität Graz etwa habe er das „praktische Denken“ gelernt.
Für seine Arbeit ist Winter vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem 2018 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, für herausragende Verdienste im Bereich der Batterieforschung. Der Chemiker leiste einen essenziellen Beitrag zum Gelingen der Energie- und Mobilitätswende in Deutschland, heißt es in der Begründung. Außerdem wird auf die internationale Bedeutung seiner Arbeit hingewiesen. Dass Münster zu einem international wichtigen Standort für Batterieforschung werden konnte, sei auch ihm zu verdanken. 400 Menschen arbeiten hier in diesem Bereich, 140 davon im MEET. Und zusätzlich entsteht ein neuer Komplex: die Forschungsfertigung Batteriezelle im nahegelegenen Amelsbüren. 700 Millionen Euro an Finanzierung von Land und Bund, 50.000 Quadratmeter – „ein ganz großes Ding“, findet Winter, der daran beratend beteiligt ist. Schon im kommenden Jahr soll ein Teil der Anlage in Betrieb gehen und den Batterie-Forschungsstandort Deutschland noch ein Stück weiter voranbringen.