Neu in der Akademie: Prof. Rozbeh Asmani (Klasse der Künste)
Die künstlerische Karriere von Prof. Rozbeh Asmani beginnt damit, dass er in eine Welt geworfen wird, die er nicht gesehen hat. Für seine Abschlussarbeit entwickelt er 2009 das Kunstwerk Shirin; 3.000 Schokoladenfiguren als symbolische Überführung eines westlichen Alltagsprodukts in die soziopolitischen Konflikte in Iran. Shirin soll einen Tschador der Farbe Lila tragen. Doch der Hersteller weigert sich, den Auftrag auszuführen.
Der verblüffte Rozbeh Asmani erfährt, dass Lila / Violett im Zusammenhang mit Schokolade einer ganz bestimmten Marke vorbehalten ist. „Bis dahin hätte ich mir nicht einmal vorstellen können, dass es auf Farben Eigentumsrechte geben kann.“ Während sich das Problem mit Shirin leicht lösen lässt – ein leuchtendes Türkis ist frei verfügbar – beginnt der Künstler mit einer Recherche zu abstrakten Farbmarken, die mittlerweile den größten Teil seines Werkes bestimmt. Nun ist er dabei, die einzelnen Erkenntnisse zu einer Theorie zu verweben und künstlerisch auszuformulieren.
Die Markentheorie behandelt Markenzeichen nicht nur als ökonomische, sondern auch historische und soziale Topoi. Rozbeh Asmani sagt, dass man ihre Farben hierbei gesondert betrachten muss, weil sie Bedeutungen emotional speichern und in eine Gegenwart stanzen, in der ihre Macht ebenso offensichtlich ist wie unsichtbar.
Wie das funktioniert, fällt ihm auf, als er sich mit den Farbmarken der großen Tankstellen befasst. In den 1920er Jahren teilen sieben führende Ölkonzerne die Welt und einzelne Marktsegmente untereinander auf. Bis in die 1970er Jahre hinein ist das Konstrukt stabil und Rozbeh Asmani sagt, dass die Farben der Tankstellen diesen Anspruch bis heute kommunizieren.
Im Köln des Jahres 2023 macht er Ähnliches in den Paketstationen aus, die überall den Straßenraum erobern. Sie verankern die Farbwelten der großen Versandunternehmen im kollektiven Gedächtnis und machen so die permanente Verfügbarkeit von Waren auch emotional zur totalen Selbstverständlichkeit. Das müsse die Öffentlichkeit hinnehmen, anders als etwa die farbige Gestaltung von Gebäudefassaden. „Weil sie den Charakter des öffentlichen Raums beeinflussen, sieht hier das Baurecht Mitspracherechte vor“, sagt Rozbeh Asmani. Die ökonomische Umfärbung der Welt hingegen unterliege meistens nicht einmal dem Genehmigungsvorbehalt.
Rozbeh Asmani findet, dass die Gesellschaft darüber zumindest nachdenken sollte. Mit seinen Ausstellungen und Plakataktionen im öffentlichen und institutionellen Raum sorgt er dafür, dass sie es sehen kann.
Zur Person
Prof. Rozbeh Asmani, geboren 1983 in Shiraz/Iran, ist Professor für Neue Medien und angewandte Grafik des Caspar-David-Friedrich-Institut an der Universität Greifs-wald. Für die Werksserie Colourmarks erhielt er den Förderpreis der Kunsthochschule für Medien Köln. 2017 veröffentlichte er das Künstlerbuch „Rozbeh Asmani, 72 Colourmarks“. Zahlreiche Ausstellungen zu markenrechtlich geschützten Farben und Farbkombinationen oder Pflanzenpatenten folgen. 2015 wurde er als erster Künstler im Jungen Kolleg der Akademie aufgenommen.