Von kühnen Metaphern und absoluten Metonymien. Überlegungen zur Theorie zweier Schwestertropen. Harald Weinrich zum Gedächtnis

Prof. Dr. Andreas Kablitz, Universität Köln

Lässt sich zur Theorie von Metapher und Metonymie noch etwas Neues sagen? Wer so fragt, hat die – riskante – Antwort auch schon gegeben. In der Tat möchte der hier angezeigte Vortrag ein paar kritische Fragen an einige Selbstverständlichkeiten der überkommenen Definition von Metapher und Metonymie richten, die sich im Laufe der inzwischen über Jahrtausende währenden Debatte über die beiden rhetorischen Figuren eingebürgert haben.

Anlass dazu bietet ein Aufsatz von Harald Weinrich, der nach Auffassung des Unter-zeichneten zu den substantiellsten Studien gehört, die zu diesem Thema je verfasst worden sind: sein 1963 erschienener, bahnbrechender Artikel Semantik der kühnen Metapher. Auch wenn dessen Veröffentlichung inzwischen 60 Jahre zurückliegt, scheint mir sein Potential für die Theorie der Metapher noch nicht hinreichend ausgeschöpft  zu sein. Ausgehend von Weinrichs Überlegungen seien deshalb einige Vorschläge zur Revision der überkommenen Bestimmung der Metapher unterbreitet. Sie ergeben sich nicht zuletzt aus einer vergleichenden Betrachtung der Definitionen von Metapher und Metonymie. Die beiden rhetorischen Figuren werden in diesem Vortrag als „Schwestertropen“ beschrieben, die auf komplementären sprachlichen Operationen  beruhen und sich aufgrund dieser Beziehung zueinander wechselseitig erhellen.

Prof. Dr. Phil. Andreas Kablitz war bis Ende Februar 2024 Professor für Romanische Philologie und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Direktor des Petrarca-Instituts der Universität zu Köln. 1983 wurde er mit der Dissertation „Lamartines Méditations poétiques“ an der Freien Universität Berlin promoviert und ebendort 1987, nach einem Habilitationsstipendium der DFG mit der Habilitationsschrift „Die Diskussion um das ridiculum im 16. Jahrhundert in Italien. Die Anfänge neuzeitlicher Theorie des Komischen“ habilitiert. Von 1989 – 1990 war er Professor für romanische Philologie an  der Universität Tübingen, bevor er von 1990 – 1994 Ordinarius für italienische Philologie an der LMU München wurde. 1994 folgte er einem Ruf an die Universität zu Köln.

Kablitz erhielt 1996 den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis und war von 1997 – 2022 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Fritz Thyssen Stiftung. 2010 wurde er vom italienischen Staatspräsidenten mit einem Verdienstorden ausgezeichnet. Er ist seit 2006 korrespondierendes Mitder Bayrischen Akademie der Wissenschaften und seit 2007 Mitglied der Leopoldina, seit 2016 deren Senator und Obmann der Sektion Kultur-wissenschaften. 2023 wurde er zum Mitglied der Accademia Nazionale dei Lincei in  Rom gewählt. Seine Forschungsschwerpunkte sind die italienische Literatur des 14. Jahrhunderts, die Literatur der europäischen Renaissance, der Roman des 19. und 20. Jahrhunderts, die Geschichte der Lyrik sowie Literaturtheorie und philosophische Ästhetik.

Prof. Dr. Andreas Kablitz ist seit 2006 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.