Nachhaltige Metalle: Beiträge aus der Grundlagenforschung

Prof. Dr.-Ing. Dierk Raabe, Max-Planck-Institut für Nachhaltige Materialien, Düsseldorf

In diesem Jahr werden mehr als 1,9 Milliarden Tonnen Stahl produziert. Damit ist Stahl die wichtigste Legierung in Bezug auf Volumen, Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkungen. Stahl trägt zwar durch Leichtbau, Windparks und Magnete zur Nachhaltigkeit bei, nicht aber seine Primärproduktion. Eisen wird aus oxidischen Erzen durch kohlenstoffbasierte Reduktionsmittel reduziert. Dabei entstehen etwa 2 t CO2 / t Stahl, was mehr als 30 %

der weltweiten CO2-Emissionen bei der Herstellung ausmacht. Diese Emissionen können verringert werden, wenn Kohlenstoff durch Wasserstoff als Reduktionsmittel ersetzt wird, wenn mehr Schrott verwendet wird und wenn die Oxidreduktion elektrifiziert wird.

Der Vortrag stellt einige aktuelle Fortschritte im Verständnis der Schlüsselmechanismen der wasserstoffbasierten Festkörperdirektreduktion und der wasserstoffbasierten Plasmaschmelzreduktion von Eisenerzen vor. Die Kinetik der Reaktionen hängt stark von der Massentransportkinetik, der Keimbildung während der mehrfachen Phasenumwandlungen, der Chemie und der Mikrostruktur des Oxids sowie von Schäden und Brüchen im Zusammenhang mit den Phasenumwandlungen und Massentransport-Phänomenen während der Reduktion ab. Das Verständnis dieser Effekte ist der Schlüssel, um die wasserstoff- basierte Reduktion von Eisenerzen wirtschaftlich zu machen und eine massive CO2- Reduktion in diesem Sektor zu ermöglichen.

Zusammenfassend werden folgende Schlüsselfragen behandelt: (a) Wie wird grüner Stahl durch direkte Reduktion und durch Plasmareduktion hergestellt? (b) Welches sind die Engpässe in der Forschung zur Herstellung von grünem Stahl? (c) Welche Oxid- und Reduktionsmittel können bei der Herstellung von grünem Stahl verwendet werden?

Darüber hinaus werden Überlegungen zu künftigen Optionen für das Materialdesign an- gestellt, um die Legierungen robuster gegen schrottbedingte Verunreinigungen zu machen.

Prof. Dr. Dierk Raabe studierte Musik, Metallurgie und Metallphysik. Nach seiner Promotion 1992 und seiner Habilitation 1997 an der RWTH Aachen erhielt er ein Heisenberg- Stipendium und ging an die Carnegie Mellon University. Seit 1999 ist er Max-Planck-Direktor.

Sein Hauptinteresse liegt heute darin, die industrielle Produktion von Materialien nach- haltiger zu gestalten, wobei er sich auf die Grundlagenforschung konzentriert, wo der Hebel zur CO2-Eliminierung besonders groß ist. Sein besonderes Interesse gilt nach- haltigen Metallen (insbesondere grünem Stahl und nachhaltigem Al, Ni, Co usw.), der physikalischen Metallurgie komplexer Legierungen, Stählen, Wasserstoff, Atomsondentomographie, maschinellem Lernen, grüner Fertigung und Metallpulver-Verbrennung. Er erhielt den Gottfried Wilhelm Leibniz Preis, die Acta Materialia Gold Medal und zwei ERC Advanced Grants. Er ist Professor an der RWTH Aachen und an der KU Leuven und Ehrendoktor an der NTNU in Norwegen.

Prof. Dr.-Ing. Dierk Raabe ist seit 2008 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.