Pflanzliche Diversität: Entstehung und Schutzmaßnahmen
Prof. Dr. Sabine Zachgo, Universität Osnabrück
Charles Darwin beobachtete die enorme Vielfalt der Blütenpflanzen und wunderte sich bereits, warum die Evolution dieser Pflanzengruppe so erfolgreich war. Wie entstehen morphologische Innovationen und komplexe Pflanzenbaupläne? Vorgestellt werden verschiedene Schlüsselregulatoren und wie diese Transkriptionsfaktoren (TF) zur Diversifizierung der Landpflanzen beigetragen haben. TCP TF regulieren Zellteilungsprozesse und steuern darüber die Entwicklung von abgeleiteten, symmetrischen Blüten, die in Koevolution mit Bestäubern entstanden.
Vor über 450 Mill. Jahren eroberten Süßwasseralgen das Land, ein Schlüsselereignis für die weitere Geschichte unseres Planeten! Nachdem die schützende aquatische Umgebung verlassen war, gelang es den frühen Landpflanzen sich an neuartige Stressfaktoren wie erhöhte Lichtintensitäten, Trockenheit und Temperaturschwankungen anzupassen. TCP TF existieren bereits in basalen Landpflanzen wie den Moosen, die einfach aufgebaut sind und keine Blütenorgane ausbilden. Dies ermöglicht, ursprüngliche, anzestrale Funktionen von TF in der Entwicklung von Moosen und bei Interaktion mit der Umwelt zu untersuchen. Unsere TF Analysen in dem Brunnenlebermoos Marchan'a polymorpha zeigen die Beteiligung und Bedeutung von Redox-Signalen in Entwicklungs- und Stressprozessen und auch ihren Einfluss auf die TF Aktivitäten.
Wir etablieren als einen neuen Modellorganismus das amphibische Sternlebermoos Riccia fluitans, das sich rasch an Trockenstress und auch an Überflutungsstress anpassen kann. Diesen beiden variablen Umweltbedingungen sind unsere (Nutz-) Pflanzen durch den Klimawandel immer häufiger ausgesetzt. Unser Ziel ist zu entschlüsseln, welche molekularen Prozesse zur Entwicklungsplastizität dieses amphibischen Mooses und damit zu Umweltadaptionsprozessen beitragen.
Wie kann der derzeitige Verlust von pflanzlicher Biodiversität aufgehalten werden? Zum Schutz der heimischen Wildpflanzenvielfalt werden ex situ und in situ Schutzmaß- nahmen vorgestellt. Die Aufgaben, die Botanische Gärten mit ihrer speziellen Expertise übernehmen können und ihre Möglichkeit, Biodiversitätshotspots für übergreifende Flächenschutzmaßnahmen zur Realisierung der 30x30 Ziele zu identifizieren, werden diskutiert.
Prof. Dr. Sabine Zachgo, geboren 1965 in Goslar, studierte in Würzburg Biologie und war als DAAD-Austauschstudentin an der Duke University in North Carolina. Die dort erlernten REM und TEM Methoden hat sie in einer Diplomarbeit bei Prof. Bernhardt Dobberstein am EMBL in Heidelberg für zellbiologische Fragestellungen angewandt. 1990 wurden die ersten Pflanzengene am MPIPZ in Köln kloniert. Die Möglichkeit, molekulare Entwicklungsprozesse nun auch in Pflanzen untersuchen zu können faszinierten, da Pflanzen, anders als Tiere, ein offenes Wachstum haben und sich an unterschiedliche Umweltbedingungen adaptieren können. In ihrer Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung hat sie in der Abteilung von Prof. Saedler homöotische MADS-Box Blütengene charakterisiert und erhielt dafür die Otto Hahn Medaille der MPG. Dies ermöglichte ihr einen Forschungsaufenthalt an der UBC in Vancouver bei Prof. Kunst, wo Sabine Zachgo am Fettsäuremetabolismus in Arabidopsis forschte. Anschließend konnte sie am MPIPZ eine Nachwuchsgruppe aufbauen und wurde über ein Lise Meitner Habilitationsstipendium gefördert.
Sabine Zachgo habilitierte im Fach Botanik an der Universität zu Köln bei Prof. Flügge und nahm 2007 einen Ruf auf eine W3 Professur für Botanik in Osnabrück an. In Köln und Osnabrück war Sabine Zachgo je an einem SFBs beteiligt und ist derzeit in dem DFG SPP MAdLand Mitglied des Steuerungskomitees und in der DFG Forschergruppe ICPS. Ihre Forschungsschwerpunkte sind genetische und zelluläre Mechanismen, die zur Entstehung von Landpflanzendiversität und der Adaption an variable Umweltbedingungen beitragen.
2009 hatte Sabine Zachgo den Aufbau der nationalen Saatgutgenbank für Wildpflanzen für Ernährung und Landwirtschaft (WEL, BMELV) geleitet an dem weitere Botanische Gärten beteiligt sind und 2013 den Aufbau des nationalen Wildpflanzenschutzprojektes WIPs-De (BMU). Zudem war sie zweimal Dekanin des Fachbereiches Biologie/Chemie.