Die Chemie mit Licht beobachten: Eine Reise durch Zeit und Raum

Prof. Dr. Shirin Faraji, Universität Düsseldorf

Photoinduzierte chemische und physikalische Prozesse sind in der Natur zentral, zum Beispiel in der Photosynthese, der Vitamin-D-Produktion oder dem zirkadianen Rhythmus (innere Uhr). Ebenso nutzen viele heute wichtige technische Prozesse Licht, etwa zur Gewinnung von Solarenergie, zur Aktivierung pharmakologischer Wirkstoffe oder bei organischem Licht emittierenden Dioden (OLEDs). Um diese Materialien gezielt entwickeln zu können, müssen die zugrundeliegenden lichtinduzierten Prozesse auf molekularer Ebene verstanden werden. In diesem Kontext spielen theoretische und computergestützte Studien eine entscheidende Rolle.

Die theoretische Beschreibung photoinduzierter Phänomene steht jedoch vor drei grundlegenden Herausforderungen: (i) der Behandlung gekoppelter Elektronen-Kern- Dynamiken, (ii) der quantenmechanischen Beschreibung angeregter Zustände und (iii) der Modellierung komplexer Umgebungen. Ich werde theoretische Methoden vorstellen, um diese grundlegenden Probleme zu lösen, eine Open-Source-Software präsentieren und zeige, wie in Zusammenarbeit mit Experimentatoren neue Anwendungen entstehen. Dazu gehören unter anderem duale molekulare Motoren, die für die Photopharmakologie von Bedeutung sind, Singulett-Spaltung in molekularen Festkörpern, die für die Effizienzsteigerung von Solarzellen wichtig ist, sowie photoschaltbare Ionenkanäle für die Optogenetik und zum Verständnis der Wirkungsmechanismen von SARS-CoV-2-Enzymen auf molekularer Ebene.

Dieser synergetische Ansatz erschließt bisher unerreichbare Anwendungsbereiche, zum Beispiel optogenetische Werkzeuge, molekulare Chirurgie und intelligente Arzneimittelverabreichung.

Prof. Shirin Faraji (geboren 1981 im Iran) studierte Chemie in Teheran (Master 2005). Für ihre Promotion zum Thema „Theoretical studies of multistate vibronic interactions in some polyatomic molecules“ im Jahr 2010 ging sie an die Universität Heidelberg, wo sie nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Universität Frankfurt am Main ab 2012 eine Nachwuchsgruppe, finanziert durch das Elite-Postdoc-Programm der Baden-Württemberg Stiftung, leitete. Von 2014 bis 2016 war sie, gefördert durch den DAAD, Gastwissenschaftlerin an der University of Southern California in Los Angeles/USA. Von 2017 bis 2024 war sie Professorin an der Universität Groningen in den Niederlanden. Zum 1. April 2024 wurde sie zur W3-Professorin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf berufen.

Prof. Dr. Faraji erhielt verschiedene angesehene Auszeichnungen, darunter den Lehrpreis der Burg-Stiftung (2015), das Robert-Bosch-Stipendium für Exzellenz und Führungsqualitäten (2016) und das Vidi-Stipendium des niederländischen Forschungsrats NWO (2018). Sie war erfolgreich bei der Akquise externer Fördermittel, sowohl individuell als auch als Teil großer Konsortien auf DAAD-, NWO- und EU-Ebene sowie von staatlichen Förderinstitutionen und Stiftungen. Sie war Vorsitzende der Sektion „Computational and Theoretical Chemistry“ der Königlich Niederländischen Chemischen Gesellschaft (2022–2024) und Mitglied des Auswahlkomitees der Alexander von Humboldt-Stiftung (2024-heute). Zudem wurde sie in den Vorstand der Q-Chem Inc. gewählt, einen der weltweit führenden Anbieter von Software für Quantenchemie. 2019 wurde sie in die Junge Akademie von Groningen aufgenommen.

Die Förderung von Frauen in den Naturwissenschaften ist ihr ein besonderes Anliegen. Sie ist Hauptbegründerin der Plattform „Women in Science and Engineering“ (WISE) an der Universität Groningen, die Frauen in ihrer wissenschaftlichen Karriere unterstützt und Mentoring sowie Schulungen anbietet.