Einen passenderen Termin hätte die Akademie für ihre diesjährige Leo-Brandt-Veranstaltung nicht wählen können. Nur einen Tag zuvor wurde der Nobelpreis für Physik an drei Quantenforscher verliehen. Akademie-Präsident Prof. Dr. med. Dr. h.c. Dr. h.c. Gerd Heusch merkte in seiner Begrüßungsrede augenzwinkernd an, dass sich das Nobelpreiskomitee bei seiner Entscheidungsfindung offensichtlich der Klasse für Naturwissenschaften und Medizin der Akademie angeschlossen habe. Denn die Klasse, die in diesem Jahr turnusmäßig mit der Wahl des Jahresthemas an der Reihe war, hatte sich ebenfalls für die Quantenwissenschaft entschieden.
Verleihung des Karl-Arnold-Preises
Und so stand die Leo-Brandt-Veranstaltung 2025 ganz im Zeichen dieses spannenden Forschungsgebietes, mit dem sich auch der Physiker Dr. Thomas Bracht befasst, der am Mittwochabend mit dem von der Stiftung der Freunde und Förderer der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste finanzierten und mit 10.000 Euro dotierten Karl-Arnold-Preis ausgezeichnet wurde.
Festvortrag der Physikerin Prof. Dr. Dagmar Bruß
Den traditionellen Festvortrag der Leo-Brandt-Veranstaltung mit dem Titel „100 Jahre Quantenphysik: Mysterium, Alltagsgefährtin, Game Changer“ hielt Prof. Dr. Dagmar Bruß. Die Professorin für theoretische Physik an der Universität Düsseldorf wies darauf hin, dass natürlich nicht nur die Akademie in diesem Jahr die Quantenphysik feiert, sondern die gesamte Wissenschaft, die auf 100 Jahre Quantenwissenschaft und -technologie zurückblickt. Ein langer Zeitraum, in dem sich das Forschungsgebiet gewandelt und verschiedene Phasen durchlaufen hat. Vom nur schwer greifbaren Mysterium entwickelte sich die Quantenwissenschaft zu unserem Alltagsbegleiter. Denn Quanteneffekte begegnen uns im Alltag häufiger, als wir denken. Der Supermarkt-Scanner nutzt sie, genau wie das Smartphone oder die Photovoltaikanlage. Die Quantenphysik könnte für uns in den kommenden Jahren aber noch wichtiger, vielleicht sogar zum Game Changer werden, wie Dagmar Bruß erklärte. Als Beispiel nannte die Physikerin die Quantenkryptographie, die künftig einen absolut sicheren Datenaustausch ermöglichen könnte. Verantwortlich ist hierfür das sogenannten No-Cloning-Theorem, ein Gesetz der Quantenphysik das besagt, dass ein unbekannter Quantenzustand nicht kopiert werden kann. Doch so weit sind wir noch nicht. Denn auch wenn die Wissenschaft heute viel über das einstige Mysterium weiß, gibt es immer noch offene Fragen.
Intervention des Jungen Kollegs
Für Menschen außerhalb der Quantenwissenschaft bleibt das Forschungsgebiet, das sich mit den kleinsten Teilchen unserer Erde befasst, ohnehin auch weiterhin ein Mysterium. Die Prozesse in der Quantenphysik sind für Laien nur schwer vorstellbar. Das Junge Kolleg versuchte am Mittwochabend mit einer ungewöhnlichen Intervention trotzdem ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Unter dem Titel „Wenn Quanten Tanzen“ erläuterten die beiden Naturwissenschaftler PD Dr. Thorsten Deilmann und Dr. Vincent Mourik die Grundlagen der Quantenwissenschaft. Begleitet wurden sie dabei von den Tänzerinnen Jennie Boultbee und Lara Pilloni, die in einer von der Künstlerin Esther Murdock entwickelten Choreografie wie Photonen durch den Raum schwebten und so mögliche Quanteneffekte auf sehr anschauliche Weise sichtbar machten.
Eröffnung der Jahresausstellung 2025
Die Künste waren an diesem Abend aber nicht nur im Rahmen der Intervention des Jungen Kollegs vertreten. Die Vizepräsidentin und Sekretarin der Klasse der Künste, Apl. Prof. Dr. Nadine Oberste-Hetbleck, eröffnete am Ende der Leo-Brandt-Veranstaltung die von den Akademie-Mitgliedern Prof. Dr. h.c. mult. Anthony Douglas Cragg und Prof. Mischa Kuball initiierte und gemeinsam mit der Kuratorin Claudia Parton umgesetzte Jahresausstellung der Akademie mit dem Titel „„überZeichnung“. In der klassenübergreifenden Ausstellung präsentieren Mitglieder der Akademie ihre ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit vorgesehenen Skizzen und Notizen und ermöglichen so seltene Einblicke in den Prozess der Entstehung von etwas völlig Neuem. Oder wie es Anthony Cragg in seiner Eröffnungsrede formulierte: „Die Ausstellung gibt einem die Möglichkeit, zu sehen, wie ein Mensch denkt.“