„Plötzlich klingelte das Telefon und die Frau Ministerin gratulierte zum Preis“
Lieber Herr Federer, die Akademie gratuliert Ihnen herzlich zu Ihrer jüngsten Auszeichnung, dem Förderpreis für Literatur des Landes NRW. Sie haben schon viele Stipendien und Preise erhalten, darunter den Preis der Wuppertaler Literatur Biennale 2018 und den 3sat-Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2019. Warum ist die Verleihung des Förderpreises trotzdem etwas Besonderes für Sie?
Weil die Verleihung eine ganz besondere Veranstaltung war, im K21, umgeben von Menschen, die mir wichtig sind, und es war schön, die anderen Preisträgerinnen und Preisträger kennenzulernen, außerdem hat mich die Laudatio von Hubert Spiegel wahnsinnig gefreut. Ich hatte diesen Preis ja auch wirklich nicht erwartet, der Anruf kam aus heiterem Himmel, ich saß in Kassel vor dem Fridericianum, hatte gerade auf der documenta recherchiert, aß ein Käsebrot, und plötzlich klingelte das Telefon und die Frau Ministerin gratulierte zum Preis. Wow.
Der Förderpreis des Landes ist mit einem Preisgeld von 15.000 Euro dotiert. Wissen Sie schon, was Sie mit dem Geld machen wollen?
Klar, weiterschreiben, was sonst.
In der Begründung der Jury heißt es: „Die Expertenjury hat fünf junge Persönlichkeiten ausgewählt, die mit ihren Arbeiten ungewöhnliche Wege gehen, etwas Neues schaffen, besonderen Mut oder Experimentierfreude zeigen.“ Hier ist sicherlich auch Ihr zweiter Roman „Tao“ von 2022 gemeint, in dem sie autobiografische Elemente mit Erinnerung und Fiktion verbinden. Warum haben Sie sich für diese Herangehensweise entschieden und nicht einfach Ihre sehr spannende Familiengeschichte erzählt?
Weil ich es mir damit zu einfach gemacht hätte, einfacher als sie ist. Diese Familiengeschichte ist ja nur in Fragmenten und Versatzstücken überliefert, vieles ist unklar, wurde verschwiegen, vergessen oder verdrängt, d.h. ohne Imagination geht es ohnehin nicht. Und dann war es so, dass ich einige Menschen und ihre Umstände auch nicht einem grellen Scheinwerferlicht aussetzen wollte, sondern spürte, dass ich sie eher behutsam umkreisen musste, mich ihnen nur in möglichen Versionen ihrer selbst annähern konnte. Denn eine ganz wesentliche Frage des Romans ist auch und gerade, wie Erinnerung, Erzählung und Fiktion zusammenhängen, und wem es überhaupt zukommt, jemandes Geschichte zu erzählen, und, wichtiger noch: wie.
Und noch eine Frage zum Schluss: Gibt es schon Pläne für einen neuen Federer-Roman oder woran arbeiten Sie aktuell?
Ja, Ideen gibt es viele, an Ideen mangelt es nie, immer nur an Zeit. Momentan arbeite ich an einem längeren Essay und parallel an einem Theaterstück, das ich schon zum x-ten Mal von Neuem begonnen habe, aber es könnte sein, dass es so, wie es jetzt gerade wächst, stehen bleiben könnte, wer weiß, drücken Sie mir die Daumen.