Neu in der Akademie: Prof. Dr. Dorothea Wagner (Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften)

Die Informatikerin, die Sie nach Hause bringt: Der schnellste Weg, die preiswerteste Verbindung: Hinter digitalen Routenplanern steckt wesentlich auch die Forschung von Prof. Dr. Dorothea Wagner. Gut möglich, dass Ihre Lieblingsapp von jemandem entwickelt wurde, der an ihrem Lehrstuhl promovierte. Acht Fragen zu einem Lebensweg, der mit Mathe-Nachhilfe begann und mit der Konrad-Zuse-Medaille nicht abgeschlossen ist.

Porträt Prof. Dr. Dorothea Wagner

Foto: Wissenschaftsrat/Svea Pietschmann

Mein erstes Geld verdiente ich ... als Kind mit Aufgaben im Haushalt, später auf dem Weinfest in Trier und mit Mathe-Nachhilfe. Ich musste überlegen, bis mir die Mathe-Nachhilfe eingefallen ist. Die hat mir Spaß gemacht. Deshalb habe ich sie nicht sofort als Arbeit erinnert, obwohl ich dafür Geld bekommen habe.

Heute bin ich ... angehende Ruheständlerin. Meine letzte Vorlesung ist gehalten. Der letzte Doktorand wird in Kürze geprüft. Ich habe viele Aufgaben abgegeben. Andere Ämter und Mitgliedschaften habe ich für den neuen Lebensabschnitt bewusst angenommen. Ich freue mich darauf, das Leben der Akademie mitzugestalten und ebenso darauf, wieder mehr an persönliche Leidenschaften anzuknüpfen.

Wenn mich Menschen außerhalb meines Fachbereichs fragen, was ich beruflich mache, antworte ich ... gut verständlich. Mein Forschungsfeld betrifft die algorithmischen Grundlagen der Navigation. Den ersten Aufsatz dazu habe ich im Jahr 2000 veröffentlicht. Damals gab es im Zugverkehr schon elektronische Fahrpläne. Aber es war unmöglich, den riesigen Strecken- und Fahrplan so zu modellieren und zu verarbeiten, dass eine App in Echtzeit die kürzeste, schnellste oder preiswerteste Verbindung ermittelt. Heute verknüpfen Auskunftsalgorithmen auch mehrere Merkmale; etwa in der Streckenplanung für Elektrofahrzeuge, die auch die Standorte von Ladesäulen einbezieht. Zu den Algorithmen dahinter forscht mein Lehrstuhl. Viele meiner früheren Doktorandinnen und Doktoranden haben in der Industrie entsprechende Anwendungen mitentwickelt, auch die sehr bekannten. Das erzähle ich durchaus mit Stolz.

An meiner Arbeit schätze ich besonders ... die Vielfalt der Möglichkeiten, nicht nur in der Forschung und Lehre, sondern auch in der Selbstverwaltung. Ich habe früh Ämter an der Hochschule übernommen, später dann in der DFG oder im Wissenschaftsrat. Die Diskussionen verlaufen anders, wenn mehrere Fächer oder auch die Politik mit am Tisch sitzen. Das hat meinen Horizont enorm erweitert.

Ich hätte gerne schon mit 30 gewusst, dass ... die heutige akademische Welt mit der damaligen nicht mehr viel zu tun haben wird. Es braucht Mut und Ermutigung, ihre Möglichkeiten zu nutzen und den eigenen Weg zu gestalten. Niederlagen gehören dazu. Man arbeitet mit Hochdruck auf eine Deadline hin und dann wird die Veröffentlichung abgelehnt. Das passiert. Dann geht es auf zur nächsten Deadline.

Ein gutes Gefühl hat mir gegeben ... junge, talentierte und motivierte Menschen dabei zu begleiten, eigene Ideen zu entwickeln.

Ich bin vermutlich das einzige neue Mitglied der Akademie, das ... sich früher die gesamte Garderobe selber geschneidert hat.

 

Prof. Dr. Dorothea Wagner

Professorin für Informatik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften
Korrespondierendes Mitglied

Vizepräsidentin der DFG (2007–2014), Vorsitzende des Wissenschaftsrates (2020–2023), Werner- Heisenberg-Medaille (2018), Konrad-Zuse-Medaille (2019)