Neu in der Akademie: Prof. Brigitta Muntendorf (Klasse der Künste)

Arrangements der Realität(en): Wie kann Kunst auf das Auseinanderdriften sozialer Erfahrung reagieren? Die Komponistin Brigitta Muntendorf inszeniert vielschichtige Klangräume, in denen das Publikum mitspielen soll. Acht Fragen zu einem künstlerischen Leben, das nahelag – und sich doch gegen ganz eigene Realitäten durchsetzen musste.

Porträt Prof. Brigitta Muntendorf

Foto: Frederike Wetzels

Mein erstes Geld verdiente ich als ... Organistin und Klavierbegleiterin. Außerdem habe ich Schulpartys organisiert.

Heute bin ich ... freiberufliche Komponistin und Professorin in Köln.

Wenn mich Menschen außerhalb meines Fachbereichs fragen, was ich beruflich mache, antworte ich ..., dass ich musikalische Übersetzungen für komplexe Erfahrungen suche, um sie mit anderen teilen zu können. Mich beschäftigen sozialpolitische Themen, wie die Auswirkung der Postdigitalität auf Zusammenleben und Isolation oder die verschiedenen Formen systemischer Gewalt – insbesondere gegen Frauen. Mich interessiert das Kreieren von Erfahrungsräumen, in denen das Publikum performativ wird, indem es „radikal zuhört“, zwischen Assoziationen und inneren Bildern oszilliert, in eine Selbstreflektion tritt. In der Verbindung von Musik mit Formen wie Tanztheater oder digitalen Technologien sehe ich das Potenzial für diese Räume. Technologisch liegt mein Schwerpunkt derzeit auf 3D-Audio und der Frage, wie man durch Immersion musikalisch neue Narrative entwickeln kann.

Dass ich Künstlerin werden wollte, wusste ich ... als Kind, das anfing Klavier zu lernen. Mir ging es nicht da- rum, die Stücke zu spielen. Ich habe sie gespielt, um sie analysieren zu können. Außerdem komme ich aus einer Familie mit zehn Kindern, Ärzte, Pädagogen und Unternehmer – der Platz der Künstlerin war eben noch frei.

An meiner Arbeit schätze ich besonders ..., dass sie mich ständig herausfordert und zur Reflexion anregt, in der Arbeit mit anderen, aber auch im Rückzug. Mein Beruf ist es, mich als Mensch im Verhältnis zur Kunst auseinanderzusetzen. Das ist schön.

Ein gutes Gefühl gibt mir ..., mich an der Nachwuchs-, Frauen- und Diversitätsförderung zu beteiligen. Ich bin gern in Jurys tätig – nicht, weil es mir wichtig ist, die Entscheidung zu treffen, sondern weil ich dort bewusst Türen öffnen kann.

Ich hätte gerne schon mit 30 gewusst, dass ... es besser ist, beim Komponieren auf Software zu setzen statt auf Geräte. Einige meiner früheren Werke funktionieren nur auf bestimmten Geräten. Die muss ich nun für jede Aufführung verschicken. Das Entkoppeln vom Objekt als Teil der Digitalisierung hätte ich früher ernstnehmen sollen.

Ich bin vermutlich das einzige neue Mitglied der Akademie, das ... vertretungsweise an der Hamburger Meisterschaft im Speerwerfen teilgenommen und versehentlich den 3. Platz belegt hat. Der Verein wollte aus mir eine Leichtathletin machen. Aber mein Bruder hat mich gefragt, ob ich wirklich so kräftige Oberarme haben will. Da habe ich es gelassen.

 

Prof. Brigitta Muntendorf

Komponistin und Professorin für Komposition an der Hochschule für Musik und Tanz Köln

Klasse der Künste
Ordentliches Mitglied

Cité Internationale des Arts Paris, Villa Kamogawa Kyoto (Goethe Institut), Carl von Ossietzky Preis, Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung, Deutscher Musikautorenpreis