Topologie — Vom mathematischen Konzept zu Quantenmaterialien der Zukunft

Prof. Dr. Michael Ruck, Technische Universität Dresden

Die Topologie ist ein bedeutendes Gebiet der Mathematik, das sich mit den Eigenschaften von Objekten beschäftigt, die unter kontinuierlicher Verformung erhalten bleiben. Während sie ursprünglich als rein theoretisches Konzept entwickelt wurde, fand die Topologie in den letzten Jahrzehnten Eingang in die Quantenmechanik und die Festkörperphysik und führte zu einer fundamental neuen Betrachtungsweise der Materie. Unter anderem wurden die sogenannten topologischen Isolatoren (TIs) entdeckt, eine neue Klasse von Materialien, die durch ihre topologischen Eigenschaften charakterisiert sind. Derartige topologisch nicht-triviale Halbleiter besitzen leitfähige Oberflächenzustände, in denen die sich Elektronen geschützt gegen Störungen und Defekte bewegen können. Dies macht TIs äußerst vielversprechend für die Entwicklung leistungsfähiger Quantencomputer, ultra- schneller Elektronik und nachhaltiger Energielösungen. Die Umsetzung von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung in technologische Innovationen ist jedoch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Dazu gehören die Optimierung und Kontrolle der Materialeigenschaften und die Entwicklung skalierbarer Herstellungsmethoden, die wir uns als anorganische Materialchemiker im interdisziplinären Grenzbereich zwischen Chemie, Physik und Materialwissenschaften zur Aufgabe gemacht haben.

Prof. Dr. Michael Ruck studierte Chemie an der Universität Karlsruhe und erhielt sein Diplom im Jahr 1989. Mit einem Stipendium der Stiftung Volkswagenwerk ging er zur Doktorarbeit an das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Nach erfolgreicher Promotion im Jahr 1991 nahm er ein Angebot auf eine Habilitationsstelle an, das ihn zurück an die Universität Karlsruhe führte. Nach seiner Habilitation im Jahr 1997 war er Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit Anfang des Jahrtausends ist er ordentlicher Professor für Anorganische Chemie an der Technischen Universität Dresden. Seit 2010 ist er zudem über eine Fellowship mit dem Max-Planck- Institut für Chemische Physik fester Stoffe assoziiert. Einen Ruf an die Universität Tübingen lehnte er 2006 ab. Zeitgleich wurde er zum Dekan der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, anschließend zum Mitglied des Hochschulrates und schließ- lich zum Prorektor der TU Dresden gewählt. Über viele Jahre hinweg lehrte er auch als Gastprofessor an der Ecole Européenne de Chimie, Polymères et Matériaux in Straßburg. Er engagierte sich als DFG-Fachkollegiat, im Vorstand der Fachgruppe Festkörperchemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker, im BMBF-Komitee Forschung mit Neutronen und in mehreren Scientific Advisory Boards. Er war Sprecher des DFG-Schwerpunktprogramms "Materialsynthese bei Raumtemperatur" und ist Principal Investigator im Exzellenz- cluster "Complexity and Topology in Quantum Matter". Er erhielt den Wissenschaftspreis der Steinhofer-Stiftung, die Will-Kleber-Gedenkmünze der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie und den Wilhelm-Klemm-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Seine aktuellen Forschungsinteressen betreffen Quantenmaterialien, insbesondere topologische Isolatoren, Nanomaterialien und Strategien für die nachhaltige Synthese und das Recycling anorganischer Materialien.