Nachfrage nach kurzsichtiger Politik

Prof. Dr. Markus Dertwinkel-Kalt, Universität Münster

Viele politische Maßnahmen erweisen sich als kurzsichtig und haben unerwünschte, unvorhergesehene Konsequenzen. Subventionen können zu deutlichen Preiserhöhungen führen, Zölle rufen Vergeltungsmaßnahmen hervor, und klimaschutzmotivierter Verzicht führt durch Ausweichreaktionen anderer Akteure mitunter sogar zu Mehrverbräuchen. Politische Interventionen können daher nicht nur verpuffen, sondern im schlimmsten Fall das genaue Gegenteil ihres eigentlichen Ziels bewirken.

Die Verhaltensökonomik zeigt, dass Menschen diese Anpassungs- und Gleichgewichtseffekte meist nicht antizipieren, sondern davon ausgehen, Maßnahmen hätten aus- schließlich direkte Wirkungen. In meinem Vortrag erläutere ich, warum aus verhaltens- ökonomischer Perspektive gerade kurzsichtige Politiken breite Zustimmung in der Wählerschaft finden. Außerdem argumentiere ich, dass ein besseres Bewusstsein für spieltheoretische Anpassungseffekte dazu beitragen kann, mehr Unterstützung für langfristig ausgerichtete Maßnahmen zu gewinnen.

Prof. Dr. Markus Dertwinkel-Kalt studierte zunächst Mathematik (mit Nebenfach Physik) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und promovierte dort anschließend in Volkswirtschaftslehre. Parallel dazu erwarb er den B.Sc. in Philosophie (mit Nebenfach Germanistik).

Nach seiner Promotion war er Akademischer Rat an der Universität zu Köln und Mitglied im Jungen Kolleg. Es folgten Stationen als Juniorprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management sowie als Professor an der Universität Konstanz. Seit 2021 bekleidet er den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Verhaltens- und Digital- ökonomie, an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Auslandsaufenthalte führten ihn unter anderem an die ETH Zürich, die NHH Bergen, die University of Oxford und die Bocconi University in Mailand. Zudem ist er Senior Research Fellow am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern.

In seiner Forschung beschäftigt er sich vor allem mit verhaltensökonomischen und wirt- schaftspolitischen Fragestellungen. Dabei untersucht er theoretisch und empirisch die Wirkung aktueller Maßnahmen wie der Gaspreisbremse, der Flottenregulierung und der staatlichen Subventionspolitik.

Prof. Dr. Markus Dertwinkel-Kalt war von 2017 bis 2021 Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.