Prof. Jürgen Klauke


Portrait:
"Er ist eine singuläre Erscheinung in der Kunst der Gegenwart. Er hat vieles erfunden, was längst zu ihrem selbstverständlichen Repertoire gehört, und die Kunst der letzten 30 Jahre maßgeblich beeinflusst hat. Er ist ein Pionier auf dem Terrain multimedialer und interdisziplinärer künstlerischer Exploration. Sein Werk löst zugleich Faszination und Irritation aus, oszilliert beständig zwischen den Polen von Anziehung und Abstoßung.

Als einer der ersten Künstler machte Jürgen Klauke die Fotografie zum künstlerischen Ausdrucksmittel. Mit zielstrebiger Konsequenz lotete er ihre Möglichkeiten und Grenzen aus, so umfassend und facettenreich wie kaum ein zweiter, und erschloss der Kunst ein völlig neues Territorium. Er hat die Frage der Geschlechterdifferenz nachdrücklicher und radikaler aufgeworfen als andere und dabei das Problem der Identität mit bisweilen provokativen Bildern bis zum Extrem zugespitzt. Seit 1970 beschäftigt er sich mit dem menschlichen Körper und setzte ihn als unmittelbaren Ausdrucksträger künstlerischer Vorstellungen ein, gleichzeitig mit Robert Morris und Bruce Nauman nutzte er ihn als Gegenstand und Vehikel seiner Kunst. Er war einer der markantesten Vertreter der „Body Art“.

Darüber hinaus eröffnete Jürgen Klauke der Bildkunst Methoden und Modi der Darstellung, die ganz und gar ungewöhnlich waren, als er sie einführte wie die Sequenz und das Tableau. Vor allem bahnte er der „Inszenierten Fotografie“ den Weg indem er das fotografische Medium konzeptualisierte und zum immanenten Thema seiner Kunst erhob. Schließlich entdeckte er auch das große Fotoformat für sich und verwirklichte seine künstlerischen Ideen in großformatigen Bildreihen, als sich die meisten anderen Künstler noch im üblichen Rahmen fotografischer Praxis bewegten. Dennoch hat er in seiner immer wieder von Umbrüchen und Neubestimmungen begleiteten Laufbahn niemals den Erwartungshorizont der Modetrends in der Kunst bedient – stets lagen seine in umfangreichen Werkgruppen realisierten Arbeiten quer. Die früheren, weil sie bewusst gesellschaftliche Tabus verletzten und mit aggressiven, subversiven und verstörenden Mitteln operierten, die späteren, weil sie einen in der Gegenwartskunst selten gewordenen ästhetischen Anspruch verkörpern und sich in keine der jeweils vorherrschenden Strömungen einklinken wollen. Wie ein erratischer Block erscheint sein Oeuvre im kommerzialisierten Kunstbetrieb, eigensinnig und sperrig, und dabei von vibrierender, sinnlicher Kraft."
(Text Auszug: Klaus Honnef, 2002)

Werdegang:                                
Klauke studierte von 1964 bis 1970 Freie Grafik an den Kölner Werkschulen und wurde dort Meisterschüler bei Alfred Will.
Es folgten Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen sowie Gastprofessuren an der Kunstakademie München, der Hochschule für bildende Künste Hamburg und der Kunsthochschule Kassel.
Schließlich erhielt er einen Ruf an die Folkwang Universität der Künste in Essen, wo er eine Klasse für Künstlerische Fotografie und Performance gründete.
1994 wechselte er an die Kunsthochschule für Medien Köln, an der er bis 2008 lehrte.

Zu seinen bekanntesten Studierenden zählen unter anderem Eva Bertram, Vera Brettschneider, Hansi Dürnberger, Fraya Hattenberger, Christian Keinstar, Phillip Lachemann, Alwin Lay, Tamara Lorenz, Heike Mutter, Achim Mohné, Jens Pecho, Tillmann Peschel, Johanna Reich, Oliver Schwabe, Sandra Vasquez de la Horra, Philipp Goldbach etc.

Auszeichnungen:
1995 Großer Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland
2013 Wahl zum ordentlichen Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste
2013 Cologne-Fine-Art-Preis

Ausgewählte Einzelausstellungen:
Nationalgalerie, Berlin; Hamburg; Museum Boymans van Beunigen, Rotterdam; Museum Ludwig, Köln; Kunsthalle Baden-Baden; Kunstmuseum Düsseldorf; Sammlung Götz, München; The Museum of Modern Art, Saitama, Shiga & Yamaguchi Museum Japan; Rudolfinum, Prag; Bundeskunsthalle, Bonn; The State Russian Museum, St. Petersburg; Maison Européenne de la Photographie, Paris; Hamburger Kunsthalle, Hamburg; ZKM Karlsruhe und MdM Salzburg; Max Ernst Museum, Brühl; Fundación Helga De Alvear, Cásseres etc.

Sammlungen:
Kunstsammlung NRW/K21, Düsseldorf; Kunstmuseum Bonn; Centre Pompidou, Paris; Maison Européenne de la Photographie, Paris; Art Institute of Chicago and The Museum of Modern Art, New York. Additional collections include Helga de Alvear Foundation, Cáceres; MOMA Saitama, Tokyo; Sammlung Hall, USA; La Maison Rouge, Paris; Norton Museum of Art, Florida; Sammlung Goetz, Munich; Musée d'Art et d'Histoire, Geneva; Sammlung Falkenberg, Hamburg; and Hamburger Kunsthalle, Hamburg. Jean Chatelus, Paris, M. Heiting, LA, Rahmi M. Koc, Istanbul, Groupe Lhoist, Belgien, Kunstmuseum Bern etc.

Documenta & Biennale:
Documenta 6 - 1977, Biennale Sydney -1979, Documenta 8-1987, Biennale Venedig 1980

Ausgewählte Publikationen:
Künstlerbücher:
(Ich & Ich)
erotographische tagesberichte.
Tageszeichnungen & Fotos (Dinge Situationen Umgebungen)
Okt.70 – Febr.71: 1000 Exemplare, Selbstverlag, Köln Jan. 1972
Tageszeichnungen, Zeichnungen und Polaroids
(als Originalradierung gedruckt), 54 Seiten, 60 Exemplare, Selbstverlag, Köln; Constantin Post, Köln 1975
FAG – HAG. Tageszeichnungen 1974
Vorwort von Werner Lippert, 1000 Exemplare, Verlag Galerie ak, Frankfurt a.M. 1976
Kunststoff: Nr. 1–6
500 Exemplare, Selbstverlag Bonvie und Klauke, Köln 1975/78
Sekunden.
Tageszeichnungen und Polaroids 1975/76, Text von Gerhard Johann Lischka, 360 Exemplare, Exemplar 1–30 mit Originalpolaroid, signiert, datiert und numeriert,      Betzel Verlag, Wiesbaden 1978
Zeitlebens
Fotocollagen und autobiografischer Text, 500 nummerierte und signierte Exemplare, Exemplar 1–30 mit    überarbeitetem und signiertem Originalfoto,
32 Seiten, Verlag Constantin Post, Köln 1983
Jürgen Klauke. Ich war eine Dose.
Photographien und Arbeiten auf   Papier, Künstlerbuch, Text von Klaus Honnef, Vorzugsausgabe: 35 Exemplare mit je einem Originalfoto, signiert, datiert und nummeriert hrsg. v. Galerie Bugdahn, Düsseldorf, anläßlich der Ausstellung in der Halle Sud in Genf, 1988
Jürgen Klauke. Stephen Heros. Arbeiten auf Papier
Ausst.-Kat. Galerie Hermeyer, München 1993, Text von Katharina Hegewisch
Stottern + Stammeln/länglich
Works on Paper 1992–1993, Künstlerbuch, Text von Heinz Norbert Jocks,
Vorzugsausgabe: 25 Exemplare mit je einem Originalfoto, signiert, datiert und numeriert, Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf 1994
Idiotische Seinsbefragung
Künstlerbuch in der Reihe Signatur 31 mit einer Originalheliogravure, 990 Exemplare, Verlag Rommerskirchen, Rolandshof 1999
Jürgen Klauke. Trost für Arschlöcher oder Desaströses Ich.
1996– 2000, Künstlerbuch anläßlich der Ausstellung im Rupertinum, Salzburg:
Frühjahr 2000, hrsg. v. Peter Weiermair, Wienand Verlag, Köln 2000
„ziemlich"
Tageszeichnungen 1979 bis 89, Galerie Klein / Salon Verlag 2001
„Entlang der Cioran Linien“
Verlag der Buchhandlung Walther König, 80 Exemplare, Köln 2012
KörperzeicheZeichenkörper“
Verlag der Buchhandlung Walther König, 80 Exemplare, Köln 2013
„Kreuz&Queer“
Verlag der Buchhandlung Franz und Walter König, 50 Exemplare +V , 2020
„Antlitze / Faces“
mit einem Essay von Peter Weibel, Verlag der Buchhandlung Franz und Walter König, 2021

Monografien & Kataloge:
Jürgen Klauke. Zeichnungen und Radierungen
Ausst.-Kat. des Bonner Kunstvereins zur Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Bonn, mit einem Vorwort von Alfons W. Biermann, Bonn 1972
Formalisierung der Langeweile
Fotoarbeiten, Performance und Videodokumente der Werkgruppe Formalisierung der Langeweile, Ausst.-Kat. Rheinisches Landesmuseum, Bonn; Kunstmuseum Luzern; Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, Rheinland Verlag, Köln 1981
Jürgen Klauke. Fotosequenzen 1972–1980
(Die Schwarz-Weiß Sequenzen), Text von Gerhard Johann Lischka Betzel Verlag, Frankfurt a.M. 1982
Jürgen Klauke. Neue Fotoarbeiten und Zeichnungen
Ausst.-Kat. Nationalgalerie, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1986,
hrsg. v. Britta Schmitz, Texte von Britta Schmitz und Jürgen Klauke
Jürgen Klauke. Eine Ewigkeit ein Lächeln.
Zeichnungen, Fotoarbeiten, Performances 1970/86, Ausst.-Kat. Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1986; Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1987; Museum Boymans-van-Beuningen, Rotterdam 1987; Museum Ludwig, Köln 1987;
hrsg. v. Andreas Vowinckel und Evelyn Weiss
Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 1
hrsg. v. Lothar Romain und Detlef Bluemler, München 1988
Die Erstellung komplexer Bildwerke im Hinblick auf reduzierte und daher eindeutige Bildaussagen
Ayda Chafik, Jürgen Klauke, Magisterarbeit, Osnabrück, 1989
Jürgen Klauke. Sonntagsneurosen
Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1992; Kunstmuseum Düsseldorf 1992, hrsg. v. Jochen Poetter, Ostfildern
Jürgen Klauke. Arbeiten auf Papier 1984–1991
Ausst.-Kat. Kunstverein Braunschweig, Braunschweig 1992
Jürgen Klauke. Prosecuritas
Ausst.-Kat. Kunsthalle Bielefeld, hrsg. v. Hans-Michael Herzog, Ostfildern 1994
Jürgen Klauke. Cindy Sherman
Ausst.-Kat. Sammlung Goetz, München 1994, hrsg. v. Ingvild Goetz, Sammlung Goetz, Texte (deutsch/englisch)
Jürgen Klauke. Stellvertreter und Sonntagsneurosen
Ausst.-Kat. Galerie Rigassi, Bern 1995, Text von Hans Christoph von Tavel
Jürgen Klaukes »Formalisierung der Langeweile«
Gabriele Blome, Magisterarbeit, Köln, 1996
Phantomempfindung/Phantom Sensation
Ausst.-Kat. The Museum of Modern Art, Saitama 1997; The Museum of Modern Art, Shiga 1997; The Yamaguchi Prefectural Museum of Art 1997; The Japan Association of Art Museums 1997
Jürgen Klauke im Gespräch mit Hans-Michael Herzog und Gerhard Johann Lischka, in: Kunst heute Nr. 19,
hrsg. v. Gisela Neven DuMont und Wilfried Dickhoff, Köln 1997
Jürgen Klauke. Nebenwirkung. Side Effect
Ausst.-Kat. Galerie Rudolfinum, Prag 1998, hrsg. v. Petr Nedoma und Zuzana Fortová
Jürgen Klauke, Absolute Windstille, Das fotografische Werk
Herausgeber: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, 2001
Jürgen Klauke, Hoffnungsträger. Aspekte des Desaströsen Ich
Herausgeber: Museum Moderner Kunst Passau - Stiftung Wörlen
Hans-Peter Wipplinger, 2006
"Conversation with an Photographer“
Interviewbuch mit Heinz-Norbert Jocks, (span./engl.), La Fabrica 2007
"Jürgen Klauke - Ästhetische Paranoia“
Katalog zur gleichnamigen Einzelausstellung im ZKM, Karlsruhe und im Museum der Moderne, Salzburg, Hatje Cantz 2010
Reise ans Ende der Nacht: Ein Gespräch mit Jürgen Klauke
Heinz-Norbert Jocks und Jürgen Klauke
,„Jürgen Klauke: Ästhetische Paranoia und andere Desaster“
KUK Monschau 2015, Vorwort von Nina-Mika Helfmeier, Text Prof. Dr. Ulli Seegers
Jürgen Klauke – Selbstgespräche – Zeichnungen 1970-2016“
Katalog zur gleichnamigen Einzelausstellung im Max Ernst Museum, Brühl. Erschienen im Wienand Verlag, Köln, 2016
"Jürgen Klauke – Phantomempfindungen / Sensation fantôme" Katalog zur gleichnamigen Einzelausstellung in der Galerie Suzanne Tarasiève, Paris, 2018. Mit Textbeiträgen von Catherine Millet, Klaus Honnef