Der Vatikan und die Verfolgung der Juden in Europa

Bittschreiben an den Papst und ihr Weg durch die vatikanischen Instanzen. Digitale Edition und Auswertung eines der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Quellenkorpus

Fast 10.000 Bittschreiben als jüdisch verfolgter Menschen an den Papst und dazugehörige Dokumente der Kurie aus der Zeit der Schoah werden digital veröffentlicht und ausgewertet.

Die Hilfesuchenden – Frauen, Männer und Kinder – stammten aus ganz Europa, sie gehörten unterschiedlichen jüdischen Denominationen und sozialen Schichten an. Ihre in 17 Sprachen verfassten Briefe bilden daher ein sehr breites Spektrum des „Jüdisch-Seins“ vor und während der Schoah ab.

Ziel des Projektes ist es zum einen, die Schicksale, die sich hinter den Bittschreiben verbergen, zu rekonstruieren und den Hilfesuchenden wieder eine Stimme und ein Gesicht zu geben. Zum anderen trägt das Vorhaben maßgeblich dazu bei, die Haltung Pius’ XII. (1939–1958) und seiner Mitarbeiter zur Schoah sowie die komplexen Entscheidungsprozesse an der Römischen Kurie zu erforschen.

Einsatz modernster KI-Methoden

Erst seit 2020 sind die Bestände in den vatikanischen Archiven aus der Zeit Papst Pius’ XII. der Forschung zugänglich. Neben den Bittbriefen umfassen sie auch zahlreiche Schriftstücke, die interne Prozesse und Reaktionen der Kurie dokumentieren – nach aktuellem Kenntnisstand weit mehr als 50.000 Blatt, verfasst in mindestens zwölf Sprachen. Berücksichtigt werden auch nationale und internationale Online-Quellen. Das Quellenmaterial wird zudem mithilfe modernster KI-Methoden ausgewertet.

Die Dokumente, die Datensätze für alle erwähnten Personen und die rekonstruierten Fallgeschichten werden auf einer userfreundlichen und mehrsprachigen Webseite im Rahmen einer kritischen digitalen Edition zugänglich gemacht – für die Wissenschaft, aber auch für die breite Öffentlichkeit und insbesondere die Verfolgten und Hinterbliebenen.

Das Akademievorhaben „Der Vatikan und die Verfolgung der Juden in Europa“ wird von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in enger Kooperation mit der Universität Münster gemeinsam getragen. Es ist Teil des von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramms, das der Erhaltung, Sicherung und Vergegenwärtigung unseres kulturellen Erbes dient. Koordiniert wird das Programm von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

Projekt auf einen Blick

Beginn der Förderung
 
2026
 
Voraussichtliche Laufzeit
 
25 Jahre
 
Projektleitung
 
Prof. Dr. Dr. h. c. Hubert Wolf
Prof. Dr. Michael Seewald
Prof. Dr. Jan vom Brocke
 
Standorte
 
Universität Münster
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
 
Website
 
www.askingthepopeforhelp.de